Zwei Sendungen über unseren Verein Medizin und Menschlichkeit auf Bayern 2 – beides zum Nachhören als Podcast verfügbar.
Notizbuch vom 18.11.2013: Die Vision einer menschlicheren Medizin. Wenn junge Ärzte träumen … und dann auf Station landen – Vom Versuch mehr Menschlichkeit in den Medizinbetrieb zu bringen.
«Diagnose, Handschlag, «Der Nächste bitte!» – der Patient als Nummer? Das war Medizinstudenten und jungen Ärzten aus München entschieden zu wenig. 2008 gründeten sie die Gruppe «Medizin und Menschlichkeit» (MuM), die Workshops und Vorträge zu Themen anbietet, die sie in ihrer Ausbildung vermissten: empathische Arzt-Patienten-Interaktion, gewaltfreie Kommunikation, Visionen für die Medizin von morgen. Ihr Ziel: ein achtsamer Umgang mit Patienten und Kollegen, aber auch mit sich selbst. Aber wie lassen sich diese Ideale im eng-getakteten Klinik-Alltag mit seinen 24-Stunden-Diensten umsetzen? Wo liegen die Grenzen des Mitgefühls? Und vor allem: Sind sie wohlmeinende Einzelne, sogar Träumer, oder vollzieht sich im Medizinbetrieb vielleicht bereits ein stiller Wandel im Sinne dieser sanften Revolutionäre -zum Beispiel in Form von standardmäßigen Kommunikationstrainings im Rahmen des Medizinstudiums? Susanne Dietrich begleitet für das NOTIZBUCH-Nah dran am 18. November 2013 auf Bayern2 MuM-Mitglieder, die Einblicke geben in das alltägliche Spannungsfeld zwischen Werten und Wirklichkeit – und spürt der Frage nach, wie es grundsätzlich um die Menschlichkeit im Klinikalltag bestellt ist.»
radioThema vom 20.11.2013: Medizin und Menschlichkeit – Der Anfang einer wunderbaren Freundschaft
«Die Zeit der Grabenkämpfe zwischen der «Reparaturmedizin» und sogenannten alternativen Heilungsansätzen scheint vorbei zu sein. Immer mehr Mediziner merken, dass eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen eine wichtige Voraussetzung zu wirklicher «Heilung» ist. Heil und Heilung gehören mancherorts (wieder) zusammen. Michael Tischinger, Chefarzt der psychosomatischen Adula Klinik in Oberstdorf spricht vom Menschen als einer bio-psycho-sozio-spirituellen Ganzheit – und rechnet fest mit der Kraft der Spiritualität, weil eine schwere Krankheit immer auch eine Sinnkrise darstellt. Der Arzt und Therapeut Nicolas Behrens spricht gern von der Kategorie «Lebendigkeit» und berichtet davon, wie er in seiner Praxis über die gewöhnliche Psychosomatik hinaus erlebt, wie sehr der Körper Erinnerungen, Gefühle und Traumata speichert – und wie direkt man dort ansetzen kann, um seelische Verletzungen hinter sich zu lassen. Joachim Galuska, Mitgründer der Heiligenfeld-Kliniken, diagnostiziert ein gesamtgesellschaftliches Burnout, in das wir in der westlichen Welt hineinzugeraten drohen, wenn nicht auch innerhalb der Gesellschaft das Leben mit Leitbildern wie «Lebendigkeit» und «Achtsamkeit» gestaltet wird. In vielen Bereichen lässt sich beobachten, dass die Medizin wie auch die Psychotherapie ihre Angst vor Spiritualität und Glaube verliert. Man schaut über den eigenen Tellerrand und merkt: In England kann man sich sogenannte «Geistheiler» genauso wie den Seelsorger ans Bett ins Krankenhaus rufen lassen. Viele Menschen haben inzwischen auch hierzulande eigene, heilsame Erfahrungen mit Heilern gemacht, die etwa aus der schamanistischen Tradition und damit aus einem ganzheitlichen, schöpfungsorientierten Denken kommen. Nachdem es guten Sinn machte, dass Medizin sich von den Kirchen und den Kategorien Sünde und Vergebung emanzipierte und damit Krankheit nicht mehr als Strafe Gottes oder als «Dämonenbefall» gesehen wurde, nachdem es ebenfalls befreiend war, dass die moderne Psychologie der Seelsorge die Seele in gewisser Weise streitig machte, tut nach Ansicht vieler «Patienten» wie «Therapeuten» eine neue Integration des Spirituellen Not, wenn es um Gesundheit geht. Die Stichworte sind dann eher «Connectedness» – Verbundenheit oder Achtsamkeit. Mittlerweile gibt es dafür auch Ansätze in der medizinischen Ausbildung – die Initiative «MuM – Medizin und Menschlichkeit» bietet studienbegleitende Weiterbildungen für junge Medizinerinnen und Mediziner. In München gibt es seit 2010 den deutschlandweit einzigartigen Lehrstuhl «spiritual care», der unter anderem zu fassen versucht, inwieweit Krankheit und Gesundheit immer auch spirituelle, «geistige» Geschehen sind. Nachdem in den Kirchen das Thema «Heilung» weitgehend aus dem Glaubens- und Gemeindealltag verschwunden ist, kommt nun umgekehrt der Zusammenhang zwischen Spiritualität und Heilung im Raum der Medizin immer mehr ins Bewusstsein.»